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Der Nuggi usegjagt

© Susanna Kaiser-Röthlisberger,
zeitschrift kommunikation 1/2-1997; News SSKA/SSCA

Oh ja, liebe Leserinnen und Leser, ich bin sehr hellhörig für sprachliche Feinheiten, die weibliche Unterlegenheit betonieren. Ich weiss auch, dass die Wissenschaft bewiesen hat, dass weibliche Gehirne einen Drittel kleiner sind als männliche. Allerdings hat die Wissenschaft auch herausgefunden, dass die Grösse keinerlei Einfluss auf die Leistungsfähigkeit hat. Aber das steht erst im nächsten Abschnitt. Und bis dorthin schaffen es nicht alle Männer und Frauen.

Wenn aber meine Geschlechtsgenossinnen meine wunderbare Muttersprache, angeblich zur Förderung der Gleichberechtigung, weiterhin derart verhunzen, dann gründe ich nächstens einen Sprachschutzverein. Nicht nur, dass viele sich dazu berufen fühlen, das Mitglied in die Migliedin zu verunstalten, was bekanntlich sächlich ist, also bedarf es keiner Verweiblichung - ist das zu hoch? Ebenso wird die Lehrtochter in den weiblichen Lehrling umgewandelt, weil angeblich die "Tochter" diskriminierend ist. Ist der -ling wirklich weniger herabwürdigend, für Mann und Frau? Wieso der Gast männlichen Geschlechts ist, wissen die Etymologen. Wieso aber der weibliche Gast zur Gästin werden muss, hat mir noch keine Feministin logisch weisgemacht.

Wo bleibt eigentlich der männliche Protest dagegen, dass jede Mehrzahl einen weiblichen Artikel hat? Und, ist weiblich nicht auch diskriminierend? Es kommt doch von Weib, und das ist herabwürdigend, oder?

Aber was ich neulich an einer Kursleiter(innen)-tagung zu hören bekam, hat mir den Nuggi usegjagt. Da hat doch ein Mensch sich als die einzige männliche Sprecherin einer sonst aus Frauen bestehenden Gruppe vorgestellt und zusammenfassend erklärt, dass die Diskussion befrauscht, gemeint: beherrscht, war vom Bemühen um die Gleichberechtigung.

Der Arme wurde wohl entmannt, oder was? Sorry! Aber die weibliche Form von beherrscht wäre bedamscht. Aber sooo dämlich wollten diese Menschinnen dann wohl doch nicht scheinen. Also ich sage ihnen, ich verwahre mich gegen solche Schützenhilfe - pardon: Schützinnenhilfe.

Bis jetzt konnte mich kein Macho auf Dauer vergraulen. Ich habe noch immer einen Weg gefunden, mich zu behaupten. Wenn nicht mit ehrlicher Kommunikation, mit Argumenten, Klugheit und Witz, dann notfalls halt mit weiblicher List. Und überhaupt, das penetrante Herumnörgeln verunsichert ja sowieso nur die lernfähigen Männer noch mehr. Diejenigen, die es wirklich anginge, die lassen höchstens ihre Lachmuskeln reizen oder werden noch aggressiver.

Sollen diese nämlichen Damen doch endlich wieder auf den Boden der Wirklichkeit zurückkommen und das Gesellschaftsproblem von den Regeln unserer schönen Muttersprache - richtig: nicht etwa Vatersprache - trennen! Um das Ziel der Gleichberechtigung zu erreichen, ist die Verschandelung der Sprache kaum der richtige Weg. SchreiberlingerInnen können anstatt StudentenInnen einfach Studierende anstatt Schreiberlinglnnen einfach Schreibende schreiben. Es sind auch keine Mitgliederlnnen nötig und bedamscht oder befrauscht muss auch keiner sein. Vielleicht wird dann die Verständigung, die richtige, geschlechter-übergreifende meine ich, eher möglich, weil Feministinnen sich wieder auf den Inhalt und nicht auf unmögliche Wortschöpfungen konzentrieren können.

Und sonst bleibt uns immer noch ES = Einfaches Sprache. Das Geschlecht wird entmannt bzw. entfraut, das Verwendung des EIternsprache durch ein Totalrevision des deutschen Grammatik entkriminalisiert. Jedes Feminist, jedes Macho kann aufatmen. Das Kompromiss mit Zukunft: Nicht weiblich, nicht männlich - hauptsächlich sächlich.

 

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 URL:  Created: 1997-11-06  Updated:
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